SAP Deutschland beschränkt den Nachkauf von Limited Professional Nutzern

Peter Wesche June 16, 2015

Ein kürzlich verschickter Brief an fast alle Anwender-Unternehmen in Deutschland und Österreich lässt die Kunden aufhorchen:

Es geht um die Versagung der Nachkaufmöglichkeit für SAP Application Limited Professional User und SAP Business Suite Limited Professional User, soweit deren Nutzungsrechte in den jeweiligen Softwarebestellungen nicht ‘ausreichend’ präzisiert wurden. Die betroffene Userkategorie war mit der Neuausgabe der Preisliste im Juli 2014 für Neugeschäfte gänzlich gestrichen worden und war bisher für existierende Kunden  im Rahmen des Zukaufs ‘more of the same’ nach wie vor beziehbar.

Historie

Die Nutzerkategorie Limited Professional (‘LPU’) war bisher für viele Unternehmen sehr attraktiv, um Gelegenheitsnutzer oder Nutzer mit einem eingeschränkten Zugriff auf wenige Transaktionen vom doppelt so teueren Professional User abzugrenzen. Gleichzeitig bot diese preiswerte Kategorie dem SAP-Vertrieb die Möglichkeit, Firmen mit kleinerem Budget für die SAP-Nutzung zu gewinnen. Eine seit 2001 gültige Regel, nach der die Anzahl von Limited-Professional-Nutzer nur maximal 15% der Professional-Nutzer betragen durfte, wurde in der Praxis häufig verletzt oder wegverhandelt. 2011 wurde die Grenze auf 50% angehoben, was der Praxis eher entsprach.

Über die Jahre prägte sich in der Preisliste eine immer größere Anzahl von Spezialusern auf, die mit über 17 Sonderkategorien in der Preisliste 2013 ihren Höhepunkt erreichte. Die Definition der Nutzerkategorie in der Preis- und Konditionenliste (‘PKL’) der SAP wurde fast jährlich angepasst. Die unklaren Verhältnisse führten zu Nachfragen und zum Verdruss der Kunden.

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Unklarheiten beseitigen, aber wie?

Fristsetzung zur Änderung bestehender Verträge?

Nun fordert die SAP als Voraussetzung für den weiteren Bezug von Limited-Professional-Nutzern, dass der Kunde eine Ergänzung seines Lizenzvertrags vornehmen muss, mit dessen Hilfe die allgemein gehaltene Definition der Nutzerkategorie auf konkrete Szenarien eingeschränkt wird. Darf ein Lizenzgeber eine Nachkaufmöglichkeit einschränken, die ja immerhin wesentlich zum Erhalt der Software-Compliance sein dürfte?

Was bedeutet dies?

Bisher konnte das Anwender-Unternehmen bei neuen Nutzerrollen nach Gutdünken handeln, wenn es um die Zuordnung der erforderlichen Nutzerkategorie ging.  Nun sollen bestehende Verträge auf den Prüfstand und angepasst werden. Dazu wird die seit 2009 in der PKL formulierte Regel, der LPU müsse in seinen Nutzungsrechten definiert sein (“Im Vertrag müssen die eingeschränkten Nutzungsrechte dieser Limited-Professional-Nutzer definiert sein”). Neben der rechtlichen Frage der Zulässigkeit einer solchen Forderung nach Vertragsanpassung steht die Frage im Raum, ob überhaupt geklärt ist, in welcher Form eine solche Definition sinnvoll, akzeptabel oder als Eingriff in längst begebene Rechte zu verstehen ist. Es fehlt nämlich an der Norm, die eine ‘ausreichende’ Definition begründen würde.

Wie sollte das Anwender-Unternehmen reagieren?

Soweit es die rechtliche Dimension dieses Vorgangs betrifft, sei die Bewertung und das Verfahren den rechtsberatenden Berufen anheim gestellt.  In der Rolle als Vertragspartner sollte man sich eine Fristverlängerung ausbedingen, um den Vorgang überhaupt korrekt zu behandeln. So hat z.B. Rechtsanwalt Dr. Robert Fleuter (www.b-l-c.com) ein pragmatisches Vorgehen entwickelt, sich kurzfristig den Rücken freizuhalten. Grundsätzlich bietet die Aufforderung von SAP auch einen positiven Hebel, wenn der User-Mix der Vergangenheit als unpassend oder zwanghaft empfunden wurde. Jetzt ist nämlich der ideale Zeitpunkt, die ‘SAP-Extensions’ zu nutzen und einen Eintausch von User-Lizenzen vorzubereiten. Wenn SAP ‘tabula rasa’ wünscht, sollte auch der Kunde seinen Vorteil dabei haben.

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